Objekt des Moanats Dezember 2022
Jesuskind-Kästchen
Jesuskind in Kastenrahmen, Kippel, 19. Jahrhundert, diverse Materialien zusammengefügt. Das liegende Jesuskind in der Art eines gewickelten «Fatschenkinds» ist in einem blau ausgemalten Kastenrahmen hinter Glas ausgestellt und diente während Jahrzehnten der privaten Devotion in einem Haushalt in Kippel.
Das Kind ist auf einer mit Tapetenpapier umwickelten Liege aufgebettet und beidseits von weissen Spitzenbändern gerahmt. Der Kopf des Christusknaben ist aus Holz gefertigt und bemalt, der Körper von rotem Stoff umwickelt, mit Goldspitzen und Kunstblumen verziert sowie mit zwei Medaillen versehen: Links die 1832 in Frankreich geschaffene «wundertätige Medaille», rechts eine Medaille mit der «Mater dolorosa». Über dem Kind hängen horizontal zwei Glasperlenketten und in der Mitte eine Medaille der Sakramentsbruderschaft.
Mit dem Hang zur Symmetrie, dem reichen Dekor und den additiven Erweiterungen zeigt das Kästchen typische Merkmale populärer religiöser Ästhetik im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Durch die Anhäufung von Andachtsgegenständen sollte die segensbringende Wirkung des Arrangements als Ganzes erhöht werden.
Glaskästen dieser Art wurden meist in Klöstern hergestellt, in gewissen Regionen jedoch auch in Heimarbeit. Als Andachtsgegenstände barocker Frömmigkeit wurden sie meist wie Bilder an die Wand gehängt und schmückten bis ins 20. Jahrhundert hinein den kirchlichen wie den häuslichen Bereich.
Die andächtige Hinwendung zum Jesuskind geht bis ins Spätmittelalter zurück und findet ihren Ursprung im klösterlichen Umfeld. Liegende Jesuskinder spielten insbesondere beim Weihnachtsfest eine Rolle. Vor der Verbreitung der häuslichen Krippe schaukelte man beim Singen von Weihnachtsliedern das Jesuskind.