Eispickel um 1900
Eispickel, um 1900 (Foto: 2. von oben), Holz, Eisen geschmiedet.
Der Eispickel entwickelte sich einerseits aus dem Bergstock heraus (Foto links), indem anfänglich ganz einfach am Bergstock eine Pickelklinge angebracht wurde. Anderseits dürften auch bäuerliche und handwerkliche Geräte als Vorbild gedient haben (vgl. zum Beispiel Eisbeil auf Foto ganz oben).
Über Vor- und Nachteile der einzelnen Aufstiegshilfen wurden in Bergsteigerkreisen jahrzehntelang erbitterte Auseinandersetzungen geführt. Bereits 1863 macht Leslie Stephen im „Alpine Journal“, dem Organ des englischen Alpenclubs, auf die Vorzüge der einzelnen Aufstiegshilfen aufmerksam. Für Wanderungen auf die Gemmi oder die Rigi empfiehlt er den einfachen Wanderstock, für Hochgebirgstouren in Schnee und Eis den Eispickel, den er jedoch in erster Linie als Gerät für den Bergführer bezeichnet. Für gängige Bergtouren schwört Stephen nach wie vor auf den guten alten Alpenstock.
Leslie Stephens Empfehlung zum Trotz gehört der Pickel ab dem späten 19. Jahrhundert zur alpinistischen Grundausstattung. Trotzdem dauern die Diskussion über die Vor- und Nachteile des Klettergerätes an. So äussert sich 1909 ein Bergsteiger in „Alpina“, dem Mittelungsblatt des SAC, über die „Pickelsucht“ gewisser Berggänger, die den Eispickel auch auf einfachen Bergwanderungen mit sich führten. Für den Schreiber reine Angeberei, weshalb er empfiehlt, „diesen Pickelunfug durch Verachtung zu geisseln und darüber abfällige Bemerkungen zu machen“. Darauf entgegnet in der darauf folgenden Nummer ein Dr. Karl Blodig von der Sektion Weissenstein, „dass mir nicht recht erfindlich ist, warum jemand mit einem langen Stocke seinen Mitmenschen, die nun Alpinisten oder nicht Alpinisten sind, angenehmer zum Ansehen sein soll, als wenn er einen Eispickel trägt.“ Die Kontroverse findet ihre Fortsetzung in der nächsten Nummer: „Beim Abstieg, sei es in den Hoch- oder Voralpen, macht jeder gerne einen Tausch mit dem Bergstock und gibt seinen schweren Pickel ab. Auf Gletschern und vereisten Stellen ist der Pickel unbedingt notwendig, hingegen ist das Pickeltragen mehr Mode und es kennzeichnet den Bergsteiger als solchen, hauptsächlich auf den Bahnhöfen.“
Angesprochen ist damit eine weitere Dimension dieses Geräts: Im 20. Jahrhundert wird der Eispickel zu einem wichtigen Symbol des modernen Alpinismus. Als unverzichtbares Requisit „möbliert“ er zahllose fotografische und gemalte Bergführerporträts. Und als Emblem ziert er alpinistische Abzeichen wie dasjenige des Schweizer Alpenclubs.